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Ungefähr genormt: das Setzregal
Im Bestand des Ateliers The Fork and Broom Press befinden sich gut drei Dutzend Setzregale. Sie stehen traditionell in langen Reihen, den sogenannten Setzergassen. Setzregale sind Arbeitsmöbel – und es sind unhandliche Arbeitsmöbel. Die Regale haben eine Steharbeitshöhe von einem Meter, sind meist etwas über einen Meter breit und um die 70 Zentimeter tief. In den Regalen werden die Schriftkästen, die die Bleischriften enthalten, verwahrt und an dem Regal wird mit den Schriften gearbeitet. Manche Regale haben Platz für 24 Schriftkästen, Versionen aus den 1950-er Jahren können bis zu 39 Kästen enthalten. Es gibt auch Spezialversionen mit extra Kästen für Messinglinien oder Blindmaterial, mit Aufsätzen für Regletten oder mit Schiebepulten auf der Arbeitsoberfläche, mitunter in zwei Ebenen. Die meisten meiner Setzregale sind…
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Die Historie von der Schönen Lau neu erzählt
Neulich traf ich einen Freund im Café. Man hatte uns Gewitter prophezeit, aber es war wieder nur schwül geworden. Er saß an diesem wackeligen Tischchen, einen Latte vor sich und schaute trübe in das hohe Glas. „Einer DIESER Montage?“ fragte ich. „Schlimmer, wir hatten Familiengeburtstag gestern.“ Auweh. Seine Mutter hatte wohl mal wieder Anekdoten aus seiner Kindheit zum Besten gegeben. Ach das sei ja so nett gewesen, als sie seinerzeit am Blautopf bei Ulm gewesen wären. Ein Tagesausflug, er noch keine fünf Jahre alt, und dann hätten sie in das so überaus blaue Wasser geschaut und zu ihm gesagt, wenn er nur oft genug nach der schönen Lau riefe, dann käme sie und würde ihm…
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Brückenschlag & Grenzüberschreitung in der Bildenden Kunst: das Künstlerplakat
HAP Grieshaber, Andy Warhol, Pablo Picasso, Friedensreich Hundertwasser, Henri Toulouse-Lautrec, Max Bill, Joan Miró, Georges Braque und die Brücke-Künstler: allen war es, zumindest zeitweise, Thema und künstlerische Herausforderung. Vom Expressionismus bis zur Op Art, als Holzschnitt oder Siebdruck, klassisch oder provokant, in Auflagen von 200 oder 10.000 Exemplaren. Es scheint, als gäbe es keinen noch so kleinen gemeinsamen Nenner für das, was wir ein Künstlerplakat nennen. Und doch: Da ist einer. Was allen Künstlerplakaten gemeinsam ist: Stets überschreiten sie Grenzen, immer schaffen sie Verbindungen, schlagen Brücken zwischen Bereichen, die bis dahin als getrennt voneinander angesehen wurden. Seine erste große Blüte feierte das Künstlerplakat in den späten 50er Jahren des 20.…
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Victor Hammer und seine Unziale
Als Victor Hammer 1923 seine erste Unzialschrift entwirft, ist er 41 Jahre alt. Er hatte Malerei studiert und im Ersten Weltkrieg als Kriegsmaler gearbeitet. In den 1920-er Jahren wendet er sich zunehmend der Graphik und Typographie zu. Seit 1922 betreibt der Architekt, Maler und Graphiker aus Wien die Stamperia del Santucco, seine eigene Handpresse, in Florenz. Was er da noch nicht wissen kann: Man wird ihn 1938 als Professor an die Akademie der Bildenden Künste in Wien berufen und ihm im folgenden Jahr diese Stelle wieder entziehen. Er wird in die USA emigrieren, zuerst nach Aurora (New York), später nach Lexington (Kentucky), wo er 1967 sterben wird. Allerdings wird er…
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Shit happens: Makulaturen in Satz und Druck
Wie so vieles haben uns den Ursprung dieses Begriffs die Römer dagelassen. Macula ist lateinisch und bedeutet Fleck, Mal, Schandfleck; maculo ist das Verb dazu und heißt folgerichtig ich beflecke, besudele, entweihe. Es gibt auch noch das Wort maculosus, das Adjektiv, es steht für buntgefleckt, wie bei einem Tierfell, aber auch für befleckt, besudelt, berüchtigt. Unter Druckern werden diejenigen Druckbogen als Makulaturen bezeichnet, die fehlerhaft sind. Das können Flecken sein, ungleichmäßiger Farbauftrag, nicht korrekter Stand, aber auch Setzfehler, Falten im Papier und vieles mehr. Als Makulatur wird alles gewertet, was bei der abschließenden Qualitätskontrolle Mängel aufweist. Von einer neuen Druckform wurden zunächst beim Andruck die sogenannten Korrekturfahnen abgezogen, heute nennen wir diese Bogen „proofs“. Sie zeigten, ob…
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Warum Bücher verbrennen keine gute Idee ist.
Ich war mal auf einer Messe in Frankfurt. Das ist schon so lange her, dass es sich anfühlt, als wäre es in einem anderen Leben gewesen. Aber dann fühlen sich Besuche auf der Frankfurter Messe ja ohnehin immer an, als wäre man in ein anderes Leben geraten. Mit der Klimaanlage, mit den befremdlichen Transportbändern für Menschen, mit der völligen Abwesenheit von Bänken oder Stühlen, um sich hinzusetzen, nicht um ein Hotdog zu essen (dafür gibt es genug Stühle), sondern einfach um die von allem, was es zu sehen gibt, aufgewühlten Wogen im Kopf etwas zur Ruhe kommen zu lassen, und vielleicht auch die Beine. Oder wenigstens die Füße. Aber wie gesagt, das…
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Das Original zwischen Buch und Plakat: der Einblattdruck
Einblattdrucke sind eigentlich eine ganz alte Sorte von Orignalen. Es gab sie bereits lange bevor Johannes Gutenberg dem Druck mit beweglichen Lettern zum Höhenflug verholfen und damit die Basis geschaffen hat, gut 500 Jahre später zum ‚Man of the Millenium‘ gewählt zu werden. In ihren Anfängen waren sie Holzschnitte, genau genommen Linienschnitte in Langholz, ganz dem ästhetischen Denken der hohen Gotik verhaftet. Weil es sich im Grunde um Holzschnitte handelt, werden sie mitunter auch als Einblattholzschnitte bezeichnet. Bildhafte und ornamentale Druckstöcke aus Holz waren traditionell für den Zeugdruck, also den Druck auf Geweben, genutzt worden. Nachdem die Technik der Papierherstellung nach Europa gekommen war und im ausgehenden Mittelalter Deutschland erreicht hatte, konnten Druckstöcke auch auf Papier abgedruckt werden. Man nahm sich eine Holzplatte und schnitzte die Motive hinein. Das Motiv wurde dann traditionell durch…
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Drucken in Fernbeziehung: Sonett 89 von William Shakespeare
Im Jahr 2016 schickte das Centre for the Study of the Book an der Bodleian Library in Oxford einen Aufruf in die Welt: 400 Jahre nach dem Tod des großen William Shakespeare sollten alle seine 154 Sonette noch einmal ganz neu gedruckt werden: von zeitgenössischen Druckkünstlern aus der ganzen Welt. Viele Sonette sind bereits vergeben, mir wird am Ende die Nummer 89 zuteil. Stefan George hat den Text einst übertragen – das Sonett fühlt sich zunächst schwer und düster und fremd an, wird aber mit der Zeit vertraut. In dieser Zeit lebe ich in einer Zwischenwelt: die Wohnung in Süddeutschland haben wir im Januar 2015 aufgelöst, Möbel und Habseligkeiten lagern in einem Container bei einer Spedition im Münsterland; wir wohnen…
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Der Wind und wie ihn die Völker der Welt erleben
In der Früh, wenn die großen Bäume kaum von der Dämmerung zu unterscheiden sind, regt sich nichts. Kein Halm, kein Blatt, keine von den Cosmeenblüten, die in der Dunkelheit des Morgens hell leuchten. Noch schläft alles. Langsam taucht die aufgehende Sonne die dunklen Kronen der majestätischen Eichen zuerst in ein olivgrünes Gelb, bevor die Reihe der alten Bäume anfängt golden zu glühen. Erst dann kommt der Wind. Ganz sachte, aber dann plötzlich rauschen die Kronen und wiegen sich und die weißen Cosmeen tanzen, als freuten sie sich darüber, dass der Tag beginnt und die Bienen und Schwebfliegen wieder kommen werden und ihre Geschichten erzählen. Als wir den Resthof übernommen haben, war die unbebaute Fläche des Grundstückes mit Futtergras eingesät. In nahezu…
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Versuch über ein künstlerisches Format: Buchkunst
Kann ein Buch Kunst sein? – Was ist ein Künstlerbuch?Ein Essay von Annette C. Dißlin – Buchkünstlerin – anlässlich des 20-jährigen Bestehens ihres Ateliers Wir schreiben das Jahr 2019 und alle reden vom Bauhaus. Einer der damals schon revolutionär anmutenden Ansätze der Bauhausleute war es, die Brücke zu schlagen zwischen Handwerk und Kunst. Die Mauer zwischen beiden sollte eingerissen werden, die Trennung aufgehoben. Sie sollten eins werden, weil sie eins seien: „Es gibt keinen Wesensunterschied zwischen dem Künstler und dem Handwerker.“ so formulierte es Walter Gropius im Bauhausmanifest anno 1919. Aber das Bauhaus ging dann doch einen anderen Weg. Und so reden wir uns auch heute noch die Köpfe heiß über die Abgrenzung zwischen reiner und…