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Drucken in Fernbeziehung: Sonett 89 von William Shakespeare
Im Jahr 2016 schickte das Centre for the Study of the Book an der Bodleian Library in Oxford einen Aufruf in die Welt: 400 Jahre nach dem Tod des großen William Shakespeare sollten alle seine 154 Sonette noch einmal ganz neu gedruckt werden: von zeitgenössischen Druckkünstlern aus der ganzen Welt. Viele Sonette sind bereits vergeben, mir wird am Ende die Nummer 89 zuteil. Stefan George hat den Text einst übertragen – das Sonett fühlt sich zunächst schwer und düster und fremd an, wird aber mit der Zeit vertraut. In dieser Zeit lebe ich in einer Zwischenwelt: die Wohnung in Süddeutschland haben wir im Januar 2015 aufgelöst, Möbel und Habseligkeiten lagern in einem Container bei einer Spedition im Münsterland; wir wohnen…
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Der Wind und wie ihn die Völker der Welt erleben
In der Früh, wenn die großen Bäume kaum von der Dämmerung zu unterscheiden sind, regt sich nichts. Kein Halm, kein Blatt, keine von den Cosmeenblüten, die in der Dunkelheit des Morgens hell leuchten. Noch schläft alles. Langsam taucht die aufgehende Sonne die dunklen Kronen der majestätischen Eichen zuerst in ein olivgrünes Gelb, bevor die Reihe der alten Bäume anfängt golden zu glühen. Erst dann kommt der Wind. Ganz sachte, aber dann plötzlich rauschen die Kronen und wiegen sich und die weißen Cosmeen tanzen, als freuten sie sich darüber, dass der Tag beginnt und die Bienen und Schwebfliegen wieder kommen werden und ihre Geschichten erzählen. Als wir den Resthof übernommen haben, war die unbebaute Fläche des Grundstückes mit Futtergras eingesät. In nahezu…